Herbarium – Hotelbar, Göttingen

Wie so manches anders Hotel, so hat sich auch das Freigeist Hotel in Göttingen eine Bar zugelegt. Während andere Hotels der Kette aber eher geringen Publikumsverkehr jenseits der Übernachtungsgäste haben, bietet die Lage nahe dem Bahnhof und somit nahe an der Stadtmitte in Göttingen der hiesigen Bar durchaus die Möglichkeit, mehr Gäste anzulocken.

Bei denen dürfte es sich dann aber weniger um das Göttinger Partypublikum aus Studenten handeln, denn deren Geldbeutel dürften die Preise in der Bar hier zu hoch sein. Die liegen auf dem Niveau von guten Bars in Großstädten. Da stellt sich natürlich schon die Frage, ob der Glasinhalt das denn auch rechtfertigt.

Sicher jedenfalls ist schon auf den ersten Blick: die Bar will anders sein. Ähnlich wie im Dandelyan in London gibt es zwar auch Barklassiker, auf der Karte jedoch stehen auch hier vor allem Drinks, die auf Geschmacksgenerierung durch viele Komponenten setzen. Und das sind neben den Spirituosen eben auch Gewürze wie Zimt, Chili, Koriandersamen, Fenchel, Kamille etc. Das Dandelyan lässt intensiv grüßen, auch von der Aufmachung der Karte her.

Das Konzept für die Bar jedenfalls ist kein Hotel-Eigengewächs, sondern stammt aus der Barconsultingfirma, die von den Inhabern des Dead Rabbit und des Blacktail geführt wird. Die wiederum wissen ja durchaus, wie eine gute Bar funktioniert. Das merkt man dann auch bei den Drinks auf der Karte, die überwiegend gut sind und geschmacklich neue Richtungen öffnen, die in klassischen Bars so nicht vorhanden sind. Der Nachteil daran ist, das Konzept steht erst einmal so wie es ist und die Frage ist, wie es dann auch gelebt und weiterentwickelt wird ohne die tatkräftige Unterstützung aus Übersee.

Denn während die Bar an sich von Anfang an tatsächlich punkten kann durch ihre Aufmachung und ihre Drinks, konnte es das Personal noch nicht. Hier merkte man eben doch, dass kein größeres, gut ausgebildetes richtiges Barteam vorhanden ist, sondern das Know How auf wenige beschränkt war. Es wurde zusammengeshaked, was im Voraus definiert war aber dann hörte es bald auf, die Beratungskompetenz der Service Personals an den Tischen ist jedenfalls war eher gering. Und das bei der ambitionierten Karte.

Das hat sich nach einem Jahr etwas geändert. Dir Karte ist zwar immer noch gleich, eine neue ist aber in Arbeit. Daneben ist aber das Personal am Tresen nun durchaus in der Lage gut zu beraten und auch der Service klappt besser.

Aufgeteilt ist die Bar in zwei Bereiche: die Lounge mit Sesseln und Tischen, der eigentlichen Bar mit dem Backboard und einem Pflanzenvorhang und dem Kaminzimmer, das man auch als Gruppe mieten kann.

Zu trinken gab es bei unseren Besuchen einiges. Das fängt an mit einem Hazel Sour aus Rye Whiskey, Amontillado Sherry, Aprikose, Zimt und Piment Bitters, der sich durchaus sehen lassen kann mit seinem kräftigen Geschmack. Der 1736 wiederum auf der Basis von Irish Whiskey wird mir Koriandersamen, Mandel, Zitrone, Eiweiß und Sahne so cremig, dass er auch für Cocktailanfänger gut funktioniert. Diese wiederum sollten die Finger von einem Fire Punch lassen, denn der trägt seinen Namen nicht umsonst. Auf der Basis von Maiswhiskey und grünem Chartreuse kommt durch Ananas, Agave und Limette eine süß-fruchtige Mischung zustande, die aber durch ein gehöriges Maß an Chili in den Hintergrund tritt. Und der neben anderen Drinks auch noch versuchte High Spirit wiederum kommt mit Bourbon, Brandy, PX Sherry und etwas Apfel dann schon so zivil daher, dass man die Besonderheit gar nicht mehr groß merkt. Die Drinks passen von daher gut, zumindest die, die wir probieren konnten.

Ob ich nun extra nach Göttingen fahren würde, um die Bar zu besuchen weiß ich nicht so ganz. Dafür ist außenherum nicht genug los und es gibt nicht genügend Alternativen im Ort. Aber wenn man eh schon in der Stadt ist, ist die Bar auf jeden Fall einen Besuch wert.

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